15-Minuten-Stadt: das Wohnkonzept der Zukunft?

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Rund ums Thema Verdichtung taucht häufig der Begriff «15-Minuten-Stadt» auf. Was ist damit gemeint?

Wo viele Leute auf wenig Raum wohnen – also in der Stadt – ist Verdichtung das Gebot der Stunde: höher bauen für eine möglichst gute Flächenausnutzung. Eine Verdichtung muss jedoch sehr sorgfältig erfolgen. Denn mehr Bewohner bedeutet auch mehr Verkehr. Es drohen nicht nur Stau und überfüllte ÖV, sondern eine Überlastung der vorhandenen Infrastruktur wie Parkanlagen, Schulen oder Schwimmbäder. Hinzu kommen soziale Probleme durch Anonymität und fehlendem Zusammenhalt. Hier setzt das vom Städteplaner und Universitätsprofessor Carlos Moreno entwickelte Konzept der «Quarter Hour City» an.

Alles vor der Haustür

In der 15-Minuten-Stadt ist von der Wohnung aus alles innert 15 Gehminuten erreichbar: die Arbeitsstelle, die Kita, die Hausarztpraxis. Anstelle einer Stadt mit einem lebendigen Zentrum tritt die «Stadt in Stadt»: Jedes Quartier verfügt über eine attraktive Infrastruktur. Dazu gehört nicht nur das Grundangebot wie Schulen, Behörden und Ärzte, sondern auch eine vielfältige Freizeitinfrastruktur wie Restaurants, Bars und Sportmöglichkeiten. Ein solches Angebot entsteht aber erst, wenn ausreichend Kundschaft vorhanden ist. Deshalb braucht die 15-Minuten-Stadt eine «kritische Masse»: also eine gewisse Anzahl Menschen, die in diesem Umkreis wohnen. Und das ist erst durch Verdichtung möglich.

Weniger Emissionen, weniger Versiegelung

Ist alles, was man für den Alltag benötigt, zu Fuss oder auch mit dem Velo erreichbar, verzichten die Menschen eher auf ein Auto. Deshalb verringert sich in der «15-Minuten-Stadt» der Verkehr – und damit der Lärm und der Schadstoffausstoss. Weniger Parkplätze und Strassen bedeuten zudem mehr Raum für Erholungszonen, zum Beispiel Spiel- und Sportplätze sowie Grünflächen. In Kombination mit höheren Bauten, die den vorhandenen Boden besser ausnutzen, wird so der zunehmenden Bodenversiegelung entgegengewirkt. Dies ist immer wichtiger – nicht nur für den Landschafts- und Naturschutz, sondern auch, weil Unwetter und damit Starkniederschläge künftig zunehmen dürften. Je versiegelter der Boden, umso weniger Wasser kann der Grund aufnehmen – es drohen Überschwemmungen.


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Freizeit-Verkehr

Eines löst die 15-Minuten-Stadt nicht: An jedem schönen Wochenende findet ein Exodus von Städterinnen und Städtern aufs Land statt. Vor allem die Berge sind beliebt. Dieser – verständliche – Wunsch, zwischendurch «rauszukommen», kann durch ein attraktives Bewegungs- und Erholungsangebot vor Ort zumindest abgefedert werden. Zwar verfügen viele Schweizer Städte über wertvolle Naturräume wie Wälder, See- und Flussufer, doch auch diese sind am Wochenende oft überlaufen – es besteht Bedarf an zusätzlichen Erholungsräumen in der Nähe.