Mai 2022: Einschätzung Zinsmarkt

Die globalen Teuerungsschübe, welche die Währungshüter mit restriktiver Geldpolitik zu unterbinden versuchen, sollte nun auch der SNB Anlass zur Besorgnis geben.

Schweiz

Die Intervention der SNB, der importierten Inflation mit der Tolerierung eines stärkeren Frankens entgegenzuwirken, funktioniert unter den aktuellen Umständen wohl nicht mit der gleichen Effizienz wie noch vor einigen Monaten. So wies der Konsumentenpreisindex im Monat April eine Veränderungsrate von 2.50% gegenüber dem gleichen Monat im Vorjahr sowie einen Anstieg von 10 Basispunkten (Bps) gegenüber dem Vormonat auf. Die Schweizer Währungshüter sind sich dieser Gefahr bewusst. Die Äusserungen von SNB-Präsident Thomas Jordan am WEF vom 23. Mai und im Interview mit der Bilanz vom 25. Mai signalisieren eine mögliche bevorstehende Zinswende. So bezeichnete er die aktuelle Situation als unangenehm und erwähnte, dass er die hohen Inflationsraten im Ausland in die nächste geldpolitische Lagebeurteilung miteinbeziehen wird.
Auf diese Worte sowie die geldpolitischen Entscheide und Signale der amerikanischen und europäischen Zentralbanken in diesem Monat reagierte der Schweizer Zinsmarkt nur gering, nachdem die Swap-Sätze in den vergangenen Monaten von einem deutlichen Aufwärtsdruck geprägt waren. Die Swap-Kurve zeigt sich gegenüber dem April – abgesehen von einer leichten Aufwärtsbewegung am längeren Ende – quasi unverändert. Der kurzfristige Zinssatz SARON bewegt sich weiterhin auf Vormonats-Niveau.

Die nächste geldpolitische Lagebeurteilung der SNB ist für den 22. Juni, etwa zwei Wochen nach der nächsten Sitzung der EZB, vorgesehen. Es wird erwartet, dass die EZB eine restriktive Geldpolitik einläuten wird.

Abbildung 1: Kurzfristige CHF Zinssätze
Abbildung 2: CHF Swap-Kurve
Abbildung 3: Hypothekarkredit-Zinssätze mit Laufzeiten über 10 bis 15 Jahre 
Abbildung 4: Landesindex der Konsumentenpreise (LIK)

Unsere Erwartungen

Die EZB signalisierte eine Zinswende für ihre nächste Sitzung. Sollte die SNB ebenfalls eine restriktive Geldpolitik in ihrer Juni Sitzung einläuten, so könnte der zeitliche Zusammenfall der Entscheide Fragen bezüglich der Unabhängigkeit der SNB in ihrer Gestaltung der Geldpolitik aufwerfen. Allerdings bietet sich für die SNB die Gelegenheit, im Windschatten der EZB und im Einklang mit der Fed ihre Zinsen zu erhöhen, ohne den Frankenkurs starken Schwankungen auszusetzen und insbesondere dessen Aufwertung gegenüber dem Euro zu verhindern. Wir denken daher, dass eine Zinsanpassung in Gleichschritt mit der EZB der effizienteste Weg zur Gewährleistung der Preisstabilität ist. Aktuell erwarten wir frühestens im September eine Erhöhung um 25 Bps.

Prognosezahlen

Ausland

Aus den am 25. Mai veröffentlichten Protokollen der geldpolitischen Sitzung der Fed vom 4. Mai geht hervor, dass die Entscheidungen für eine Zinserhöhung um 50 Bps und die Reduzierung der Wertpapierbestände von allen Teilnehmern des Ausschusses einstimmig beschlossen wurden. Zudem sprachen die meisten Teilnehmer ihre Unterstützung für zwei weitere Zinsschritte von je 50 Bps aus.

Unter Einbezug der ungewissen Wirtschaftsaussichten waren sich die Teilnehmer einig, dass sich die geldpolitischen Entscheidungen auf die Zurückführung der Inflation auf das Ziel von 2% mit der gleichzeitigen Erhaltung einer guten Arbeitsmarktlage konzentrieren sollten. Ein zügiger Übergang zu einem neutraleren geldpolitischen Kurs, so wie er von den meisten Teilnehmern befürwortet wird, könnte den Ausschuss in eine gute Ausgangsposition versetzten, um später in diesem Jahr die Auswirkungen einer strafferen Geldpolitik zu bewerten und allenfalls weitere Adjustierungen vorzunehmen. Die zusätzlichen Erkenntnisse aus den Protokollen und die zunehmende Zuversicht, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, gehen mit einer Korrektur der Markterwartungen einher. Während am 5. Mai der Markt einen Mittelwert von etwa 285 Bps für den Leitzins per Jahresende implizierte, wurde per 30. Mai noch 258 Bps eingepreist.

Die EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, terminiert in ihrem Blogbeitrag vom 23. Mai das Ende der Anleihekäufe auf Beginn des dritten Quartals und zielt auf eine erste Zinsanhebung in der Sitzung im Juli ab, mit der Erwartung einer Rückkehr zu positiven Zinssätzen ab Ende des dritten Quartals. Grundsätzlich werden für die Sitzungen im Juli und September Anhebungen um jeweils 25 Bps erwartet, wobei einige Mitglieder des EZB-Rates grössere Schritte um 50 Bps fordern. Der Markt schliesst für die kommende Sitzung im Juli eine aggressivere Erhöhung nicht aus.

Abbildung 5: Leitzinsen
Abbildung 6: Konsumentenpreisindizes

Abbildung 7: Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen
Abbildung 8: Marktimplizierte Inflationserwartungen

Unsere Erwartungen

Bis anhin preiste der Markt stets ein aggressiveres Handeln ein, als die Fed suggerierte. Die letzten Mitteilungen des Ausschusses haben zu einer besseren Übereinstimmung der Erwartungen des Marktes und des Ausschusses geführt, was positiv für die Effizienz der geführten Geldpolitik spricht. Die von der Fed verfolgte Strategie, mittels zwei weiteren Anhebungen um je 50 Bps der Inflation entgegenzuwirken und zeitgleich eine Weichlandung zu erzielen, ist sehr anspruchsvoll und birgt das Risiko eines Überschiessens, ist aber unseres Erachtens die einzige Option. Der Fakt, dass die EZB eine bevorstehende Zinswende erstmals in einem Blog thematisiert, ist evident dafür, dass bei der EZB dringender Handlungsbedarf besteht. Daher erwarten wir eine ähnliche granulare Adjustierung durch die EZB, nämlich 25 Bps im Juli und 50 Bps im September.

Prognosezahlen

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