Ab wann lohnt sich eine energetische Erneuerung auch finanziell?

23 08 Foerdergelder Energetische Sanierung

Die Kosten-Nutzen-Rechnung einer energetischen Gebäudemodernisierung ist knifflig: Von den Investitionen lassen sich zum einen Fördergelder und steuerliche Vorteile abziehen, zum andern schlägt auch der verringerte Energieverbrauch zu Buche. Zudem können bei Renditeliegenschaften die wertvermehrenden Investitionen teilweise auf den Mietzins überwälzt werden. Aber die Amortisation dauert ein paar Jahre. Ab wann lohnt es sich?

Artikel von Mauro Formoso, Real Estate Consultant im Bereich Consulting & Development

Wir zeigen das Kosten-Nutzen-Verhältnis anhand eines fiktiven Beispiels auf. Modellobjekt ist ein Mehrfamilienhaus in der Stadt Winterthur mit Baujahr 1985, Gasheizung, 12 Wohnungen und einer Gesamtwohnfläche von 1’080m2 respektive einer Energiebezugsfläche (EBF) von 1’380m2. Die Gebäudehülle ist ungedämmt. Es wird im bewohnten Zustand saniert.

Verschiedene Szenarien rechnen – je nach strategischer Ausrichtung

Im Vorfeld einer Sanierung ist auf jeden Fall die strategische Ausrichtung der Liegenschaft zu prüfen. Dies kann je nach Standort und Art des Gebäudes zur Folge haben, dass unterschiedliche Themen für die Festlegung der Szenarien relevant sind: Baurechtliche Rahmenbedingungen, Grundrissqualitäten, Aussenraumgestaltung und mögliche Energieträger beispielsweise. Häufig ist die energetische Erneuerung nur eine von mehreren zu kombinierenden Massnahmen, die ins Auge gefasst werden sollten. Im vorliegenden Fall haben wir zwei Sanierungsvarianten untersucht:

Die Variante «Fortführung im Bestand» sieht eine oberflächliche Steildach- und Fassadensanierung vor. Konkret werden die Dachlattung und Dachabdichtung ersetzt sowie Risse in der Fassade saniert inkl. neuem Fassadenanstrich. Es werden dreifach isolierverglaste Fenster eingebaut. Die Gasheizung wird durch eine moderne, effizientere Gasheizung ersetzt. Die Sanierungskosten belaufen sich auf CHF 745’000.-

Die Variante «energetische Erneuerung» sieht einen kompletten Ersatz des Steildaches vor. Neben dem Ersatz der Dachlattung und -abdichtung wird eine Zwischen- und Aussensparrendämmung mit 20 cm dicken Holzfaserplatten angebracht. Die Fassaden werden mit einer 18 cm dicken Aussenwärmedämmung (Steinwolle) verpackt sowie neu verputzt und gestrichen. Wie bei der Variante «Fortführung im Bestand» werden dreifach isolierverglaste Fenster eingebaut. Die Gasheizung wird durch eine Erdsonden-Wärmepumpe ersetzt. Die Sanierungskosten belaufen sich auf CHF 1’155’000.-. Die Mehrkosten der energetischen Erneuerung betragen somit rund CHF 410’000.- respektive 55 Prozent.

Was bedeuten diese Sanierungsvarianten für Stockwerkeigentümer?

Der Treiber für energetische Erneuerungen bei selbstbewohnten Liegenschaften ist unter anderem die Reduktion der Energiekosten. Der Energiebedarf nach der energetischen Erneuerung liegt in unserem Beispiel um den Faktor 2.8 tiefer als bei der Fortführung. Der CO2-Ausstoss liegt sogar rund siebenmal tiefer. Wir gehen somit von jährlich rund CHF 20’300.- tieferen Kosten aus. Für die eingesetzten Energiepreise wurden die aktuellen Tarifsammlungen der Stadtwerke Winterthur beigezogen. Wir gehen davon aus, dass die Mehrinvestitionen allein durch den tieferen Energieverbrauch innerhalb von rund 20 Jahren amortisiert sind. Zieht man die kantonalen und die kommunalen Förderbeiträge ab (im vorliegenden Fall rund CHF 118’000.-), werden die Mehrkosten bereits nach rund 14 Jahren amortisiert. Die Rendite auf die Mehrinvestition beträgt somit 7.0 Prozent.

Wie wirken sich diese Sanierungsvarianten bei Renditeliegenschaften aus?

Bei Renditeliegenschaften gehen die reduzierten Energiekosten infolge energetischer Erneuerungen zu Gunsten der Mieter. Wertvermehrende Investitionen dürfen aber auf den Mietzins überwälzt werden. Gemäss Art. 14 Abs. 1 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) gelten die Kosten von umfassenden Überholungen in der Regel zu 50-70 Prozent als wertvermehrend. Eine «rein werterhaltende» Fortführung ist in der Realität manchmal gar nicht möglich oder sinnvoll, beispielsweise würde man bei einem Fensterersatz natürlich hinsichtlich der U-Werte, also der Isolation, bessere Fenster einbauen. Auch ein systemgleicher Ersatz einer Gasheizung gilt bei einer höheren Effizienz als Mehrleistung des Vermieters und kann auf die Mieter überwälzt werden (wertvermehrender Anteil 10%). Bei der energetischen Erneuerung können wir aufgrund der Mehrleistungen rund CHF 16’900.- höhere Mieterträge pro Jahr generieren. Wir gehen davon aus, dass damit die Mehrinvestitionen innerhalb von rund 24 Jahren amortisiert sind. Zieht man die kantonalen und die kommunalen Förderbeiträge ab (im vorliegenden Fall rund CHF 118’000.-), werden die Mehrkosten bereits nach rund 17 Jahren amortisiert. Die Rendite auf die Mehrinvestition beträgt somit 5.8 Prozent.

Lohnt es sich oder lohnt es sich nicht?

Auch wenn die Zahlen geschätzt sind, so zeigen sie doch, dass sich die Investitionen in energetische Erneuerungen in der Langzeitbetrachtung wirtschaftlich lohnen. Die, gemessen an den Investitionskosten, gewichtete Gesamtlebensdauer der Bauteile beträgt in diesem Fall 38 Jahre. Die Amortisation der Mehrinvestitionen erfolgt deutlich früher, wie die Rechenbeispiele oben zeigen.

Wir haben diese Beispiele konservativ gerechnet. Beispielsweise würde die Installation einer Photovoltaik-Anlage das Kosten-Nutzen-Verhältnis der neuen Erdsonde-Wärmepumpe zusätzlich verbessern. Kommt hinzu, dass steuerliche Einsparungen nicht berücksichtigt wurden: Investitionen in energiesparende Massnahmen lassen sich auf maximal drei Jahre aufgeteilt von den Steuern abziehen.

Energetische Erneuerungen lohnen sich grundsätzlich und unabhängig von Fördergeldern und steuerlichen Anreizen, um den Marktwert einer Liegenschaft zu erhalten. Denn der Übergang zu einer Netto-Null-Wirtschaft bringt diverse regulatorische und Marktrisiken mit sich, die in naher Zukunft zu deutlichen Wertminderungen bestimmter Liegenschaften führen können.

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Förderprogramme unterscheiden sich von Kanton zu Kanton und auch auf kommunaler Ebene. Fördergelder müssen meist vor Baubeginn bewilligt werden, eine nachträgliche Eingabe ist oft nicht zulässig. Unsere ExpertInnen unterstützen Sie bei der Berechnung und Beurteilung der verschiedenen Szenarien und Möglichkeiten, begleiten Sie bei der Umsetzung und gehen Ihnen auch konkret zur Hand, wenn es darum geht, die verschiedenen Fördergelder zum richtigen Zeitpunkt zu beantragen.

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