Juni 2022: Einschätzung Zinsmarkt

Avobis Zinseinschätzung 2022

In ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung vom 16. Juni kündete die SNB die Erhöhung des Leitzinses um 50 Bps an. Trotz dessen, dass die meisten die Rückkehr zu positiven Zinsen bereits auf dem Schirm hatten, kam dieser Entscheid äusserst überraschend zumal der Zeitpunkt vor dem ersten Zinsschritt der EZB gewählt worden war.

Schweiz

Die Tatsache, dass die Schweiz sich weiterhin im Negativzinsbereich befindet und andere Nationalbanken seit längerem wieder positive Zinsen verrechnen, plausibilisiert im Rückblick jedoch diesen Entscheid. So bleibt die SNB noch mind. einen Schritt von der Normalität entfernt. Zudem finden geldpolitische Sitzungen quartalsweise statt und das Hinauszögern auf die nächste Sitzung hätte womöglich einen stärkeren Inflationsdruck zur Folge gehabt.

Retrospektiv gab es am Swapmarkt bereits Ende Mai Anzeichen auf eine mögliche Zinsanhebung. Einerseits stagnierte die Swapkurve, die sich seit längerem in einem Aufwärtstrend befindet, nach dem Entscheid und korrigierte leicht an den nachfolgenden Tagen. Andererseits bewegten sich die Sätze für sehr kurze Laufzeiten, die ein- bis dreimonatigen Swapsätze, deutlich über ihrem Niveau. Die Devisenmärkte hingegen begrüssten den Entscheid mit einem stärkeren Franken, wobei aktuell der Euro sogar unter der Parität zum Franken notiert. Während die SNB bislang entschlossen am Markt intervenierte, um einer Aufwertung des Frankens entgegenzuwirken, ist ein starker Franken in der gegenwärtigen Situation vorteilhaft, wenn nicht sogar gewünscht, da sie der importierten Inflation zumindest in der kurzen Frist entgegenwirken kann.

Für den Hypothekarmarkt hatte dieser Entscheid wenig Konsequenzen. Der Anstieg bei Festhypotheken der vergangenen Monate hatten die Zinserhöhung bereits vorweggenommen und Geldmarkthypotheken sind aufgrund des 0% Floors noch nicht tangiert.

Abbildung 1: Kurzfristige CHF Zinssätze
Abbildung 2: CHF Swap-Kurve
Abbildung 3: Hypothekarkredit-Zinssätze mit Laufzeiten über 10 bis 15 Jahre
Abbildung 4: Landesindex der Konsumentenpreise (LIK)

Unsere Erwartungen

Die SNB plädierte in den letzten Monaten oftmals auf ihre Unabhängigkeit bei der Festlegung ihrer Geldpolitik, die sie mit ihrem Entscheid nun auch unter Beweis gestellt hat. Wir hatten eine Zinsänderung zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet, erkennen jedoch im Nachhinein die Anzeichen, die diesen Entscheid hätten signalisieren können. Wir denken, dass der erste Zinsschritt den Nachfrageüberhang noch nicht abbaut, aber durch die Aufwertung des Schweizer Frankens in der kurzen Frist die importierte Inflation reduzieren kann. Bis zur nächsten geldpolitischen Sitzung der SNB ist es wichtig, die Entscheidungen der Fed und EZB sowie die Entwicklung der inländischen sowie globalen Inflationszahlen zu beobachten. Auf jeden Fall erwarten wir weitere Anhebungen und eine baldige Rückkehr des Leitzinses über Null.

Prognosezahlen

Ausland

Nach dem unerwarteten Anstieg der US-Verbraucherpreise auf ein neues 40-Jahre-Hoch wurde der Konsens der Fed und dem Markt von einem Zinsschritt um je 50 Bps konterkariert. So adjustierten sich nach Veröffentlichung der Zahlen die marktimplizierten Zinsschritte für die Sitzung im Juni um weitere 25 Bps. Tatsächlich annoncierte die Fed einen Zinsschritt um 75 Bps und ähnliche Entscheide sind zukünftig nicht auszuschliessen. Nun wird die Frage laut, wie lange die Zinsen noch steigen werden.

Bis zur Rückkehr der Inflation in das definierte Zielband muss mit weiteren Zinserhöhungsschritten gerechnet werden. Da die Fed auf eine sanfte Landung hinzielt, wird das Tempo und das Ausmass der Schritte hauptsächlich durch makroökonomische Faktoren bestimmt. Eine positive Grundlage ermöglicht es nämlich der Fed, die Elastizität zwischen konjunkturdämpfenden Massnahmen und einer verheerenden Rezession bestmöglich auszunutzen. Lässt die wirtschaftliche Gesamtaktivität – so wie sie auch von den meisten Funktionären der Fed erwartet wird – nach, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession. Nebst Warnungen von namhaften Banken weist auch ein neues Forschungspapier der Fed auf ein erhöhtes Rezessionsrisiko hin. Ferner können Mehrrundeneffekte oder Fehlkalkulationen auf der Angebotsseite angesichts des hohen Inflationsniveaus und den ausserordentlichen Zinsschritten zu einer zyklischen, statt wie grösstenteils erwartet progressiven Zinsentwicklung führen.

Ähnliche Implikationen gelten auch für die EZB, die wenige Tage nach ihrer geldpolitischen Entscheidung eine Krisensitzung einberief. Infolge der Ausweitung der Spanne der Anleiherenditen von hochverschuldeten Mitgliedstaaten gegenüber deutschen oder französischen Anleihen beschloss die EZB, die Erlöse aus dem PEPP in die Anleihen der betroffenen Mitgliedstaaten zu investieren. Der Markt preist für die Sitzung im Juli und September einen Schritt um 25 bzw. 50 Bps. ein.

Abbilung 5: Leitzinsen
Abbildung 6: Konsumentenpreisindizes
Abbildung 7: Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen
Abbildung 8: Marktimplizierte Inflationserwartungen

Unsere Erwartungen

Die Fed, die im Mai mehrmals die Äusserung machte, dass eine Erhöhung um 75 Bps nicht auf dem Tisch läge, knickte angesichts der steigenden Inflation, die langsam auf einen zweistelligen Wert zusteuert, ein und erhöhte übereinstimmend mit der Markterwartung ihren Leitzins um 75 Bps. Die Aufgabe der Fed ist es, eine Balance zwischen genug hohen Zinssätzen zur Bekämpfung der Inflation und einer gesunden wirtschaftlichen Gesamtaktivität zu finden. Zur Inflationsbekämpfung bedarf es aber unserer Meinung nach deutlich höhere Zinsen. Wir stimmen daher mit der marktimplizierten Erhöhung um 75 Bps für die nächste Sitzung überein. Zudem denken wir, dass aufgrund des Ausmasses der Inflation und der einzelnen Zinsschritte die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Zinsen zyklisch steigen werden und zukünftig auch Senkungen um 25 Bps erfolgen könnten.

Prognosezahlen

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