Die Qual der Heizungs-Wahl

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Heizen geht auf viele Arten. Was rechnet sich wo? Die Energieträger im Kostenvergleich.

Artikel von Mauro Formoso, Real Estate Consultant im Bereich Consulting & Development

Die Wahl der Wärmeerzeugung bei Wohngebäuden ist von diversen Faktoren abhängig. Bei Sanierungen stellt sich oft die Frage nach der Wärmedämmung und den notwendigen Vorlauftemperaturen, welche den Einsatz von z.B. Luft/Wasser-Wärmepumpen schwierig machen können. In Bestandsliegenschaften fehlt zudem oft der Raum für Holzschnitzel-Tanks und/oder die Anlieferung. Bivalente Anlagen – z.B. Luft-Wasser-Wärmepumpen mit Gasheizung – sind insbesondere in den Bergregionen zur Deckung der Spitzenlast in den kalten Wintermonaten beliebt. In den Altstädten sind die Platzverhältnisse für Erdsonden-Bohrungen meist nicht gegeben. Es stellen sich aber auch grundlegende Fragen wie: Besteht ein Anschluss ans Erdgas- oder Fernwärmenetz? Soll eine Kombination mit Photovoltaik- oder thermischer Solaranlage anvisiert werden?

Rechtliches ist zu bedenken

Es gibt verschiedene rechtliche Einschränkungen. So können je nach Grundwasserschutz Erdsonden-Bohrungen nicht zulässig sein. Bei Grundwasser-Wärmepumpen wird oft eine Mindestanlagegrösse verlangt, die oft erst bei grösseren Liegenschaften möglich ist. Insbesondere in urbanen Gebieten wird mittelfristig das Gasnetz rückgebaut, sodass heute von der Installation einer Gasheizung dringend abzuraten ist. Mittlerweile sind in einigen europäischen Ländern wie auch in den Kantonen Zürich, Basel-Stadt, Glarus, Neuchâtel und Genf neue Heizungen mit fossilen Brennstoffen verboten. In zahlreichen weiteren Kantonen gilt zumindest ein Mindestanteil an erneuerbaren Energien bei der Deckung des Energiebedarfs.

Je nach Eigentümerschaft gibt es noch weitere Richtlinien, an die man sich halten muss. So geben der Schweizerische Pensionskassenverband (ASIP) sowie die Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen (KGAST) ihren Mitgliedern einen Standard für das ESG-Reporting (jährliche Nachhaltigkeitsberichterstattung) vor. Das sorgt bei den Mitgliedern dafür, dass sie vermehrt und schneller auf erneuerbare Energien umsteigen.

Eine Vollkostenrechnung ist unabdingbar

Die Wahl der Wärmeerzeugung hängt auch stark von wirtschaftlichen Überlegungen ab. Dabei ist eine Vollkostenrechnung über die gesamte anzunehmende Lebensdauer der Heizanlage unabdingbar. Diese beinhaltet neben den Investitionskosten auch die jährlich wiederkehrenden Energiekosten (inkl. CO2-Abgabe) sowie die Betriebs- und Unterhaltskosten. Diese sind, wie auch die Förderbeiträge, von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Einen guten und ersten Überblick über die Gesamtkosten (Lebenszykluskosten) erhält man zum Beispiel mit dem Heizkostenrechner von erneuerbarheizen.ch.

Als Rechnungsbeispiel schauen wir hier ein kleines Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen im Kanton Zürich an. Die errechneten Gesamtkosten für den Heizungsersatz mit unterschiedlichen Energieträgern liegen relativ nah beieinander, mit Ausnahme der Fernwärme. Beim Fernwärmeanschluss ist zu beachten, dass die Energiewerke die Erschliessung teilweise bis zur Grundstücksgrenze, teilweise bis zum Gebäude übernehmen. Zudem sind die Anschlussgebühren je nach Fernwärmenetz sowie die baulichen Massnahmen am Gebäude sehr unterschiedlich. Detaillierte Informationen zu kommunalen und kantonalen Förderbeiträgen, welche in den Investitionskosten bereits berücksichtigt sind, finden sich auf dasgebaeudeprogramm.ch oder energiefranken.ch.

Eckdaten kleines Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen im Kanton Zürich:
Heizleistung: 60kW / Aktueller Verbrauch: 8’000 Liter Heizöl pro Jahr / Energiebedarf für Heizung und Warmwasser: 68’000 kWh pro Jahr / Preise Fernwärme gemäss EWZ / Preise Pellets gemäss energie360 / Preise Strom gemäss EKZ / Preise Heizöl gemäss Agrola

Was wiegt mehr – Investitions- oder Betriebskosten?

Für die Ermittlung der Energie- und Betriebskosten wird oft bei allen Heizträgern eine Lebensdauer von 20 Jahren angenommen. Dies deckt sich mit den branchenüblichen Annahmen wie auch mit den Standards der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB). Hierbei handelt es sich um eine eher konservative Annahme: Die mittlere Lebensdauer der Anlagen liegt erfahrungsgemäss eher bei 25 Jahren. Auch hier ist die Fernwärme wieder ein Spezialfall. Denn in den meisten Fällen gehören die Leitungen bis und mit Wärmetauscher im Gebäude den Energiewerken. Somit gibt es streng genommen gar keine eigentliche Lebensdauer, respektive fallen für den Eigentümer keine Instandsetzungskosten mehr an.

Bei der Gesamtbetrachtung fällt auf, dass der grösste Teil der Lebenszykluskosten nicht durch die Investitionskosten, sondern durch die laufenden Kosten verursacht wird. Bei den Wärmepumpen sind die Energie- und Betriebskosten anteilsmässig relativ tief, weshalb sich die Wirtschaftlichkeitsrechnung bei längerer Lebensdauer der Anlagen, was durchaus realistisch ist, noch weiter zu deren Gunsten verschiebt. In der Gesamtbetrachtung mit einem Zeithorizont von 25 Jahren resultiert die Erdsonde-Wärmepumpe denn auch als wirtschaftlichste Variante.

Zu guter Letzt lohnt sich ein Blick in die Zukunft. Die CO2-Abgaben auf fossile Brennstoffe in der Schweiz betragen derzeit 120 Franken pro Tonne CO2, sind aber dynamisch. Sie werden erhöht, sobald sich abzeichnet, dass das Netto-Null-Ziel ohne Markteingriffe nicht erreicht werden wird. Im weltweiten Vergleich hat die Schweiz damit relativ hohe CO2-Abgaben. Das deutsche Umweltbundesamt hat berechnet, dass eine Tonne CO2 sogar 180 Euro kosten müsste, um die Schäden, die durch Treibhausgase entstehen, ausgleichen zu können. Gemäss Ottmar Edenhofer, Klimaökonom und Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, müsste der CO2-Preis 130 bis 350 Euro pro Tonne betragen, um das ambitioniertere Klimaziel von 1,5 Grad zu erreichen. Das revidierte Schweizer CO2-Gesetz sah einen Maximalsatz der Abgabe von 210 Franken pro Tonne vor, wurde aber in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 abgelehnt. Es zeigt aber auf, in welche Richtung die Reise geht. Aus diesem Grund wurde für den Kostenvergleich eine moderate Erhöhung der Abgaben von rund 50 Prozent einberechnet, als potenzielle Kostensteigerung.

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